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Automatische Zuglenkung

Erfolgreiche Inbetriebnahme auf der Linie BAM – am 19. Februar dieses Jahres konnte Kummler+Matter EVT AG ein zweites Tool zur automatischen Zuglenkung auf der Linie Bière-Apples-Morges (BAM) der Compagnie de Chemin de Fer Morges-Bière-Cossonnay (MBC) in Betrieb nehmen. Eine erste Version der Software wurde im November 2019 für die Linie Lausanne-Echallens-Bercher installiert.

Abbildung 1: Grafische Benutzeroberfläche der automatischen Zuglenkung

Die MBC konnte sowohl vom umfangreichen Feedback, das im Zuge des Einsatzes auf der Linie Lausanne-Echallens-Bercher erfolgte, als auch von Optimierungen profitieren, die 2020 vorgenommen wurden, um das Tool in die Lage zu versetzen, den Zugbetrieb mit einer Taktzeit von 15 Minuten zuverlässig zu regeln. Für die Anforderungen der MBC wurden jedoch auch ganz eigene Funktionen entwickelt, z. B. für die Steuerung von Güterzügen oder zur Abstimmung der Anschlusszeiten für Buslinien, die Linie Apples-Lille und Züge der SBB am Bahnhof Morges.

Automatische Zuglenkung, ein unerlässliches Tool für den Betrieb
Automatische Zuglenkung dient dazu, den Betrieb einer Eisenbahnlinie zu vereinfachen, indem die Befehle für die Abfahrt der Züge aus dem Bahnhof nach einem festgelegten Fahrplan automatisiert werden. Dank einer benutzerfreundlichen und intuitiven Schnittstelle ist es zudem möglich, Abweichungen von Ankunfts- oder Abfahrtszeiten nach vorn oder hinten in Echtzeit zu verfolgen und eventuelle Störungen auf einfache Weise zu beheben bzw. zu verhindern. Etwa durch das Verschieben von Kreuzungen, Vorziehen oder Verzögern von Zugabfahrten, das Stornieren von Zügen, die Aufnahme von zusätzlichen Zügen in den Fahrplan (z. B. Testfahrten), die Änderung von Ankunftsgleisen oder das Wenden von Zügen, wenn Streckenabschnitte zeitweilig nicht befahrbar sind. Die automatische Zuglenkung steht für einen neuen Ansatz im Bahnbetrieb und entwickelt sich allmählich zu dessen wichtigstem Stützpfeiler, unter anderem auch im Hinblick auf das Störungsmanagement.

Die folgende Abbildung zeigt die typische Architektur eines Bahnhofs mit den verschiedenen Untersystemen. Auf Grundlage des für jede Art von Betriebstag festgelegten Transportangebots (Fahrpläne, Kreuzungs- oder Anschlusskriterien) gibt die automatische Zuglenkung (1. Untersystem) Aufträge zur Streckenverwaltung an das Fernlenksystem aus (2. Untersystem). Genau wie die manuellen Befehle eines Fahrdienstleiters werden auch diese Aufträge und damit die Befehle zur Aktivierung der Signale zur Ausfahrt aus dem Bahnhof per Fernlenksystem an die verschiedenen Schaltpunkte der Bahnhöfe weitergeleitet (3. Untersystem). Die Schaltpunkte garantieren einen sicheren Zugbetrieb und steuern die externen Anlagen wie Signalanlagen, Weichen und Bahnübergänge (4. Untersystem). Die Lokalisierungsdaten der Züge aus den verschiedenen Untersystemen mit den entsprechenden Detektionsvorrichtungen (Gleisstromkreise, Achszähler) auf Gleisebene werden zum automatischen Lenkungssystem weitergeleitet, damit das Tool Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Zustand erkennen und vor allem entsprechende Massnahmen bei signifikanten Abweichungen vorschlagen kann. Der permanente Informationsaustausch mit dem Fernlenksystem ermöglicht eine eindeutige Identifizierung jedes Zugs auf der Übersichtstafel der Linie.

Abbildung 2: Untersysteme für den Bahnhofsbetrieb

Die automatische Zuglenkung entlastet die Fahrdienstleiter weitgehend von Routineaufgaben und ermöglicht es ihnen auf diese Weise, sich auf jene Aufgaben zu konzentrieren, die für den Betrieb der Linie, und damit letztlich auch für die Kunden, einen höheren Mehrwert bieten.

Interne Entwicklung
Nach einem ersten, wenig überzeugenden Entwicklungsprojekt mit einem externen Unternehmen entschied Kummler+Matter EVT AG 2018, die Entwicklung eines automatischen Zuglenksystems intern zu bewerkstelligen, um den besonderen Anforderungen der Kunden voll und ganz Rechnung tragen zu können. Nach der erfolgreichen internen Entwicklung von Produkten wie Schaltpunkten oder Fernlenksystemen fehlte nur dieses eine Tool, um unser Produktangebot im Bereich der Sicherheitsanlagen für den Schienenverkehr zu vervollständigen.

Die IT-Entwicklung auf Grundlage moderner Technologien wie .NET, WCF, WPF und C# sowie SQL-Datenbanken erforderte mehr als 6’000 Arbeitsstunden. Derzeit sind die Entwickler noch damit beschäftigt, das Tool auch mit Fahrgastinformationssystemen zu verknüpfen. Auf diese Weise sollen nutzbringende Informationen zu Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Züge sowie Auskünfte über etwaige Verspätungen bereitgestellt werden, um den Kunden die bestmögliche Service-Qualität zu bieten.

Kompetenz im Dienste der Bouygues-Gruppe

Das Unternehmen Kummler+Matter EVT AG wird seine hohe Entwicklungskompetenz im Bereich der Überwachungssysteme (Fernlenkung, automatische Zuglenkung usw.) in Zukunft auch in Bereichen abseits des Schienenverkehrs in den Dienst der Bouygues-Gruppe stellen, insbesondere im Gebäudebereich, zum Beispiel für die zentrale Gebäudeleittechnik (GLT).

Ihre Ansprechpersonen

René JATON

Software Engineer

Tel. +41 79 301 06 64

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